Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Hinweise zum japanischen Rechtswesen und Anwaltslisten

Adressbuch

Ein Adressbuch am Mittwoch (23.01.2008) auf der Messe Paperworld in Frankfurt am Main. Foto: Frank May +++(c) dpa - Report+++, © picure-alliance/ dpa

23.07.2018 - Artikel

Hier finden Sie Hinweise zum japanischen Rechtswesen und Anwaltslisten.

Hinweise zum japanischen Rechtswesen

Allgemeines

Japan ist eine parlamentarische Monarchie. Die geltende japanische Verfassung wurde am 03. November 1946 verabschiedet und trat am 03. Mai 1947 in Kraft. Alle Personen, die sich im japanischen Hoheitsgebiet aufhalten, müssen das japanische Recht beachten. Für Ausländer gelten spezielle Vorschriften zu Einreise, Aufenthalt und Melderecht. Ausländern steht auch in Japan der Weg zu den Gerichten offen. Die Volljährigkeit tritt bei Japanern mit Vollendung des 20. Lebensjahrs ein.

Formerfordernisse und notarielle Tätigkeit

Das japanische Recht kennt wie das deutsche Recht Formvorschriften, deren Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts führen kann. Eine wichtige Besonderheit in Japan besteht in der Verwendung von Unterschriftsstempeln anstelle der Unterschrift. Fast jeder erwachsene Japaner und jede juristische Person in Japan besitzen einen registrierten Unterschriftsstempel. Der Nachweis der Echtheit des Siegels wird durch ein amtliches Siegelzertifikat erbracht. Ausländer, die über keinen Unterschriftsstempel verfügen, könnne diesen durch Unterschrift oder beglaubigte Unterschrift ersetzen. Ersatzweise kann manchmal auch der Fingerabdruck verwendet werden.

Verwaltungsrecht

Das förmliche Verwaltungshandeln richtet sich in Japan wie auch in Deutschland nach gesetzlichen Ermächtigungsnormen, die der Verwaltung je nach Rechtsbereich mehr oder weniger Ermessensspielraum einräumen. Allgemein regelt ein Verwaltungsverfahrensgesetz das Handeln der Verwaltung. Dieses förmliche Verwaltungshandeln ist im Prinzip auch gerichtlich überprüfbar. Es gibt keine eigenen Verwaltungsgerichte, wohl aber eine besondere, von den ordentlichen Gerichten zu beachtende Verwaltungsprozessordnung, und an einigen Gerichten auch spezialisierte Kammern.

Strafrecht

Das japanische Strafverfahren unterscheidet zwischen Beschuldigten (higisha) und Angeklagten (hikokunin). Der in Deutschland bekannte Status des Angeschuldigten existiert in Japan nicht. Angeklagter ist, gegen wen der Staatsanwalt öffentliche Anklage erhoben hat. Wenn die Straftat des Angeklagten mit der Todesstrafe, einer lebenslänglichne oder mehr als dreijährigen Freiheitsstrafe mit oder ohne Arbeitspflicht bedroht ist, darf das Gericht die Hauptverhandlung nicht eröffnen, solange kein Verteidiger anwesend ist. In diesem Fall haben Beschuldigte, die selbst keinen Anwalt aufbringen können und bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen, schon vor der Anklageerhebung Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Unabhängig von der Höhe der Strafandrohung kann ein Angeklagter, der das Honorar eines Verteidigers nicht aufbringen kann, die Benennung eines Pflichtverteidigers ab Eröffnung der Hauptverhandlung verlangen. Das Gericht wird unverzüglich nach der Erhebung der Anklage einen Pflichtverteidiger benennen. Zudem bemüht sich die japanische Rechtsanwaltskammer, dem Beschuldigten schon vor der Anklageerhebung einen Rechtsanwalt zu entsenden und ihn zu fragen, ob er einen Verteidiger bestimmen wolle. Wenn er für dieses Stadium (bis zur Anklageerhebung) die Anwaltsgebühren nicht aufbringen kann, so hilft im Einzelfall eine Organisation: „Houterasu“ bzw. „Japan Legal Support Center“

Die Sitzungstermine der Hauptverhandlung finden in der Regel einmal pro Monat statt, so dass die Hauptverhandlung häufig länger dauert als in vergleichbaren Fällen in Deutschland. Ausländische Inhaftierte haben nach internationalem Recht von Beginn ihrer Inhaftierung an Anspruch darauf, mit den Vertretungen ihrer Heimatländer Kontakt zu erhalten. In Japan verurteilte Straftäter können nach einem internationalen Abkommen zur Verbüßung der Strafe in ihr Heimatland überstellt werden. Es besteht Anlass besonders darauf hinzuweisen, dass Betäubungsmitteldelikte in Japan sehr ernst genommen werden. Auch der Besitz kleinerer Mengen „harmloser“ Drogen wird nicht toleriert. Betäubungsmitteldelikte werden in aller Regel mit Freiheitsstrafen geahndet.

Gerichtliches Verfahren und Schiedsgerichtsbarkeit

Gerichtsverfahren dauern in Japan mitunter länger als in Deutschland, was insgesamt mit der geringeren „Juristendichte“ zusammenhängt. Das japanische Gerichtswesen kennt keine Sonderzuständigkeiten etwa für Arbeitsrecht. Eine Ausnahme bildet das Obergericht für geistiges Eigentum in Tokyo. Es gibt ansonsten auch keine eigenen Verwaltungsgerichte oder etwa, wie in Deutschland, eigene Sozial- oder Finanzgerichte. Am Landgericht Tokyo gibt es allerdings – wie auch in Deutschland – spezialisierte Kammern z. B. für Konkurs, Arbeitssachen, Gesellschaftsrecht, Verkehrsunfälle etc.

Zivilverfahren, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel

In zivilrechtlichen Streitigkeiten ist, obwohl auch die japanische Zivilprozessordnung das schriftliche Vorverfahren kennt, immer noch die Regel, dass die Schriftsätze der Parteien in öffentlichen Sitzungen des Gerichts ausgetauscht werden, zwischen denen regelmäßig mehrere Wochen liegen. Dadurch wird der Prozess gegenüber deutschen Prozessen allerdings nicht wesentlich verlängert, weil auch dort die Erwiderungsfristen für die Parteien oft sehr großzügig bemessen sind. Die japanische Regelung führt aber letztlich zu einem größeren Aufwand an Zeit und letztlich auch Geld, weil die Anwälte zur Einreichung der Schriftsätze persönlich bei Gericht erscheinen müssen und für jede Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung eine eigene Anwaltsgebühr fällig wird. Für Fälle mit einem Streitwert bis zu 1.400.000 Yen kann ein vereinfachtes Verfahren vor dem Amtsgericht gewählt werden, bei dem die Klage mündlich erhoben und auf einen vorbereitenden Schriftsatz verzichtet werden kann. Bei einem Streitwert bis zu 600.000 Yen kann der Kläger ein Sonderverfahren wählen, in dem die mündliche Verhandlung nur einmal stattfindet, der Fall also mit einer einzigen Sitzung, die mit dem Urteil abschließt, geklärt werden kann. Die japanische Zivilprozessordnung kennt die gleichen Beweismittel wie das deutsche Recht. Für den Zeugenbeweis ist allerdings das aus dem amerikanischen Recht übernommene Kreuzverhör vorgesehen.

Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile ist nur möglich, wenn das Gericht, dessen Urteil anerkannt und vollstreckt werden soll, international zuständig war, wenn die Entscheidung nicht gegen den japanischen ordre public verstößt und wenn Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile ist regelmäßig eher schwierig, es gibt nur wenige Präzedenzfälle. Durch die Reform der japanischen Zivilprozessordnung aus dem Jahr 2003 wurden Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung eingeführt (Beteiligung sachverständiger Mitglieder, Änderung im Sachverständigenbeweis, Zuständigkeitskonzentration auf dem Gebiet des geistigen Eigentums und die Änderungen im vereinfachten Verfahren, Verfahrensplanung und das Ermittlungsverfahren vor Klageerhebung).

Schiedsgerichtsbarkeit

Seit dem 1. April 2004 gilt ein neues Schiedsgesetz in Japan das auf dem UNCITRAL-Modellgesetz über internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit basiert. Es ist nicht auf Handelsschiedsgerichtsbarkeit beschränkt, sondern regelt sowohl internationale wie nationale Schiedsverfahren. Die staatlichen Gerichte dürfen im Rahmen eines schiedsrichterlichen Verfahrens nur insoweit tätig werden, wie dies nach den Bestimmungen des Schiedsverfahrensgesetzes ausdrücklich zugelassen ist. Schiedsgerichtsverfahren, insbesondere auf internationaler Ebene, sind in Japan nicht besonders verbreitet. Die „Japanese Commercial Arbitration Association“ (JCAA) stellt allerdings eine eigene Schiedsgerichtsordnung zur Verfügung und führt Schiedsverfahren durch. Außerdem können natürlich auch ICC-Schiedsgerichtsverfahren in Japan stattfinden. Japan hat das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedsgerichtsentscheidungen ratifiziert. Es empfiehlt sich in aller Regel für ausländische Parteien, in der Schiedsvereinbarung – ggf. auch abweichend von der Schiedsgerichtsordnung der berufenen Institution – vorzusehen, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, von denen zwei durch die Parteien benannt werden (bei mehreren Parteien sollten u. U. auch noch mehr Schiedsrichter vorgesehen werden), und dass in englischer Sprache zu verhandeln ist.

Anwaltschaft

Die Anwaltsdichte ist in Japan wesentlich geringer als in Deutschland. Im Einzelfall kann es schwierig sein, anwaltliche Hilfe zu finden. Das gilt insbesondere auf dem Land, da die meisten Anwälte sich in den Ballungszentren Tokyo und Osaka niedergelassen haben. Ausländische Anwälte können in Japan als „Gaikokuho Jimu Bengoshi“ (Auslandsrechtsanwalt) in im Vergleich zu japanischen Anwälten beschränkten Bereichen zugelassen werden.

Gerichts- und Anwaltskosten

Kosten eines Gerichtsverfahrens trägt in Japan, anders als in Deutschland insbesondere im Zivilverfahren, die unterliegende Partei nur hinsichtlich der Gerichtsgebühren, deren Erstattung allerdings wegen des recht komplizierten Verfahrens selten verlangt wird. Die Kosten anwaltlichen Beistands muss jede Partei selbst bezahlen. Es gibt daher auch für keine Instanz einen Zwang, sich vor Gericht von einem Anwalt vertreten zu lassen. Gerichts- und Anwaltsgebühren richten sich nach dem Gegenstandswert, also dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten am Streit oder an dem Gegenstand. Während die Gerichtsgebühren in etwa deutschen Maßstäben entsprechen, können die japanischen Anwaltsgebühren über den deutschen Sätzen liegen. Ein dem deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vergleichbares Gesetz, mit dem die Anwaltsgebühren festgeschrieben würden, gibt es in Japan nicht. Rechtsanwälte in Japan vereinbaren ihr Honorar frei mit dem Mandanten. In Zivilsachen wird man regelmäßig mit Gebühren in Höhe von etwa 10 Prozent des Gegenstandswerts rechnen müssen, in Strafsachen werden Pauschalen zwischen 200.000 und 1.000.000 Yen oder mehr vereinbart. Erfolgshonorare sind zulässig und üblich. Auch reine Stundenhonorare sind weit verbreitet, wobei sich die Sätze zwischen 20.000 und 60.000 Yen pro Stunde bewegen. Rechtsanwälte sind verpflichtet, vor Annahme eines Mandats auf die voraussichtlich anfallenden Honorare hinzuweisen. In der Regel soll eine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen werden.

Hinweis: Die Rechtsanwaltskammer Tokyo ermöglicht äußerst preisgünstig (für 5.000 Yen) eine Erstberatung von 30 Minuten, welche nach Voranmeldung auch in englischer Sprache vermittelt wird:

https://www.toben.or.jp/english/public/public04.html

nach oben